2. ORDINATION von Mönchen und Nonnen
am 25. April 2003
Taiku Roshis Worte zur 2. ORDINATION am 25. April 2003
KUSEN vor der Ordination
Heute am Gründungstag von Kakunen-shu werden wir zum zweiten Mal eine Jukaizeremonie, ein Ordinationsritual durchführen und fünf Novizen übernehmen die Kais, die Gelübde, die Gebote und werden Angehörige unseres Zen-Ordens „Offene Weite“ – Kakunen -.
Dies Ritual ist zwar äußeres Geschehen, aber subtil berührt es die Grundfeste unserer Existenz. Im Buddhismus heißt es daher, dass das Ablegen der Gelübde, die Übernahme der Kais, fünf Generationen vor uns und fünf Generationen nach uns befreit.
Ein großes Geschehen!
Und dann möchte ich heute etwas erklären. Ich orientiere mich dabei an den Lehren eines alten Zen-Patriarchen.
Zunächst einmal umfasst der Zen-Weg, der Buddhaweg drei grundlegende Elemente, nämlich die Gebote/Gelübde (kai), Zazen (jo) und Satori-Weisheit (e).
Diese drei stellen zwar eine Einheit dar, aber man kann sagen, die Gelübde/Kais sind das Fundament, auf dem Zazen aufbaut und beide werden von Satori – Erwachen – gekrönt. Diese Beziehung stellt sich sehr schön am Beispiel eines Hausbaus dar:
Die Kais sind der Bauplatz, das Fundament, Zazen ist das Gebäude selbst und Satori – erwachte Weisheit – die Ausstattung. Dann ist alles komplett, man kann dort wohnen.
So sind die Kais, Zazen und erwachte Weisheit untrennbar miteinander verbunden.
Bei dem Haus-Beispiel heißt das, dass der Grund und Boden, die Basis erst Wert gewinnt, wenn ein Haus darauf gebaut wird. Und ein Haus wird erst wirklich bewohnbar, wenn es ausgestattet ist, wenn ein Garten angelegt ist.
Erst durch alle drei Bestandteile entsteht ein kompletter Lebensraum.
Was sind nun diese Kais, Gelübde, Gebote? Ich werde in der Ordinationszeremonie ausführlich etwas dazu sagen.
Aber summa summarum ergeben sich 16 Aspekte und diese 16 Richtlinien sind keine schwer zu haltenden von außen auferlegten Gebote oder Verbote. Sie beschreiben vielmehr ein Verhalten, das ganz natürlich aus der Buddhanatur erwächst.
Diese seit altersher überlieferten sechzehn Gelübde sind in der Zen-Tradition für Mönche/Nonnen und Laien-Ordinierte völlig gleich. Mönche gehen ins Kloster und gehen den Weg in einer Klostergemeinschaft (sie verlassen das Haus = shukke tokudo). Laien-Ordinierte leben in der Familie und gehen den Weg im Alltagsleben (zu Hause = zaike tokudo).
Wer also die Regeln, die Gelübde übernimmt, sollte sich bewusst sein, dass sie der natürliche Ausdruck einer harmonischen Lebensführung sind, die sich aus der Buddhanatur, dem Licht des großen Lebens ergibt.
Alle Lebewesen besitzen als Geburtsrecht die Buddhanatur und daher sollte sich auch jeder bemühen, diese grundlegenden Regeln einzuhalten, völlig unabhängig von Ordinationsritualen.
Ja, eine äußere Verpflichtung zum Einhalten und Schützen der Kais mag wie eine Einschränkung wirken, aber für den, der sich auf den Weg macht, ist Übernahme der Gebote, ist Ordination der erste Schritt wie Dogen Zenji es auch betont.
Sie sind die Grundlage, die Basis, das Fundament. Wie soll man ein Haus bauen, wenn man keinen Grund und Boden besitzt? Genau so unmöglich ist es, nach den Lehren der alten Meister Fortschritte auf dem Weg im Zazen zu machen, wenn die Grundlage der Gelübde fehlt.
So werden undisziplinierte Menschen, eben Faule, Willensschwache, Ungeduldige, Unmoralische, zur Disziplin des Zazen nicht in der Lage sein.
So ist ein diszipliniertes Leben Grundlage für den Buddha-Weg, für den Zen-Weg.
„Die Wurzel eines disziplinierten Lebens und der Zazen-Übung sind die Kais, die Gelübde“ sagte ein alter Zen-Meister. Und auf die Frage „Was ist dann Zen?“ antwortet er: „Zen ist das Erlangen des Friedens und der Gelassenheit, die im Kern unseres Wesens, das heißt in unserer Buddhanatur liegen. Zen ist die Verwirklichung unserer Buddhanatur mitten im Leben.“
Die Kais, die Gelübde im Zen sind also danach in derselben Buddhanatur begründet – ihr Inhalt ist ein und derselbe -; der einzige Unterschied liegt darin, dass die Gelübde, die Kais, Regeln sind, die man von außen annimmt, an die man glaubt und die man sich einzuhalten bemüht, während Zen eine Praxis ist, ein Übungs-Weg, der zur Realisation der eigenen Buddha-Natur führt. Der so gewonnene innere Frieden, diese offene Weite des großen Lebens führt dazu, dass man die Regeln, die Gelübde natürlich spontan als Bestandteil des eigenen Lebens erkennt und ganz natürlich freiwillig nach ihnen lebt.
Regeln und Gebote, diese Begriffe sind so gesehen auch nicht sehr zutreffend. Besser wäre der Begriff
„Merkmale eines guten Charakters“, Prinzipien also, die das Verhalten eines Menschen des Weges, eben eines Buddhas auszeichnen.
Wir können nur aufrichtig versuchen auf unserem Weg nach diesen „Merkmalen eines guten Charakters“ zu leben, im Einklang mit dem Dharma, im Einklang mit der natürlichen Ordnung der Dinge, im Einklang mit dem großen Leben. Mit den Gelübden legen wir das Fundament, tun wir den ersten Schritt.
Am 25. April 1999, heute vor vier Jahren, sind wir auch hier im Zendo zusammengekommen, um entsprechend zen-buddhistischer Tradition das Jukai-Ritual, das Ritual der Weitergabe der Kais, der Regeln, der Gebote Buddhas, durchzuführen. In diesem Ritus werden auch heute, am 4. Geburtstag der ordinierten Brüder und Schwestern, fünf Novizen durch die Übergabe und Übernahme der Kais, der Gebote, zu Schülern in der Nachfolge von Buddha Shakyamuni. Sie werden gleichzeitig mit ihrem „Ich will“ zu Angehörigen, oder besser: Brüdern und Schwestern, im Zen-Orden „Offene Weite.“
Vor 4 Jahren wurden erstmals im Kakunen-Zen die Kais weitergegeben. Weitergabe des Zen-Übungswegs über viele Jahre und Weitergabe der Regeln, der Kais am 25.4.99 manifestierten die unabhängige, westlich-abendländische Zen- shu Kakunen, die Lebens-Schule „Offene Weite.“
Aber wir haben an diesem Tag noch einen weiteren Schritt hier auf unserem Boden getan. Völlig neu in einer Zen-shu, aber in einer großen Vision, begründeten wir die Ordensgemeinschaft „Offene Weite“, und es war ein großes, grenzüberschreitendes Geschehen und für mich persönlich darin eingesetzt sein als Werkzeug von viel Größerem, vielleicht als Werkzeug des Mysteriums des großen Lebens. Damals habe ich gesagt: „Das ist ein wichtiger Schritt für alle Beteiligten, etwas Neues beginnen, sich auf Unbekanntes einlassen, das erfordert Mut und großes Vertrauen – Vertrauen in dieses große Geschehen.“
Heute sage ich: Mut und Vertrauen in sich selbst, in seine Möglichkeiten.
Der Verlust von Mut und Vertrauen kann tiefgreifende Folgen haben für sich selbst und auch für den Orden, die Brüder und Schwestern einer besonderen Familie.
Und daher haben wir heute hier versammelt Novizen, die sich in Kenntnis der Probleme, die bei einzelnen Ordinierten entstanden sind, lange prüfen konnten, ob ihr Mut und Vertrauen stark genug sind, um offenen Herzens „Ja, ich will“ sagen zu können zu den Ordensgrundsätzen: Armut, Treue, Gehorsam.
Das ist eine Lebensentscheidung.
Das ist keine Dekoration mit Äußerlichkeiten. Das ist die Entscheidung und das Gelöbnis zur Einfachheit und Klarheit ursprünglichen Lebens zurückzufinden.
Das ist nach Dogen Zenji der erste Schritt auf dem Weg.
Und dann heißt es: Gehen, nicht Ausruhen. Und daher ist jedes Ordinationsritual auch eine Prüfung, Rückbesinnung und Erneuerung des „Ja, ich will“ für alle, die die Kais übernommen haben, für alle Ordinierten.
Manchen mag es im Nachhinein immer noch nicht klar sein, ja ihn vielleicht sogar schaudern lassen, worauf man sich mit diesem „ersten Schritt“ wirklich einlässt.
Aber den Zen-Weg wirklich gehen, das heißt nun einmal sich auf Armut, Treue, Gehorsam uneingeschränkt einzulassen, sonst hat das mit Zen-Weg oder sonst „einen wahren spirituellen Weg gehen“ nichts zu tun.
Was bedeuten diese Ordensgrundsätze für euch, für uns und alle Menschen des Weges? Armut, Treue, Gehorsam.
Dies sind uralte mönchische Ideale, aber wenn ihr genau hinseht, sind alle in den Kais und dem höchsten Kai – Zazen – enthalten.
Wer sich auf einen spirituellen Übungsweg begibt, muss zu Einfachheit und Klarheit ursprünglichen Lebens zurückfinden.
Aber wie kann es gelingen, die Einfachheit und Klarheit eines Klosterlebens in unser von Konsumstress und rastloser Aktivität geprägtes Alltagsleben zu integrieren?
Wie einen tieferen Sinn, eben eine neue Klarheit und Bescheidenheit in unser tägliches Leben bringen?
Gelübde, Disziplin sind unabdingbare Voraussetzungen jeder spirituellen Entwicklung. Gelübde bestimmen die klösterliche Lebensweise.
Für uns Menschen in der Welt, im Alltagsleben, beinhalten diese Gelübde viel umfassendere Aspekte/Wahrheiten, die auf alle Lebensaspekte anwendbar sind.
ARMUT bedeutet hier die rechte Einstellung zur gesamten materiellen Umwelt, bedeutet eine Lebensweise entwickeln, die ohne Anhaftung mit der Umwelt in Einklang steht und die auch den eigenen körperlichen und seelischen Befindlichkeiten entspricht: offen und weit.
TREUE heißt die rechte Art und Weise, in der alle Menschen, alle Paare, alle Gemeinschaften miteinander umgehen sollten, in Ehrlichkeit und Vertrauen.
GEHORSAM definiert die rechte Beziehung zwischen den Menschen und dem großen grenzenlos ewigen Universum (Gott), die rechte Beziehung/Harmonie zwischen dem Willen, dem Wollen von uns Menschen und dem Willen und Wollen des kosmischen Plans (Gottes).
Aber nicht mein, sondern „Dein WILLE geschehe.“
Sinn klösterlichen Lebens von Mönchen und Nonnen aller Zeiten – und des Lebens der Angehörigen des Zen-Ordens Kakunen – Offene Weite – unter den Grundsätzen von Armut, Treue, Gehorsam ist es, den Menschen heil, ganz werden zu lassen, sowohl in sich selbst als auch in der Beziehung zur großen Mutter Erde, unserer ganzen Umwelt.Alle eure Dharma-Namen haben mit Frieden zu tun:
„In der Hingabe finde ich Frieden“ und „Freund und Feind wünsche ich rieden“ – möge das Gebet des Friedens in euch und mit euch manifestiert werden im Leben.
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